Quelle: Hans Pretterebner, 1993, Pretterebner Verlagsgesellschaft Wien; Anatomie der Bewältigung eines Skandals.
Die Öffentlichkeit war fassungs­los, als vor fünf Jahren das Buch „Der Fall Lucona“ erschien.
Mit journalistischer Akribie deckte der Autor lückenlos die spektakuläre Kriminalaffäre im Dunstkreis der Regierungs­spitze auf und löste damit einen der größten politischen Skan­dale in der Geschichte Öster­reichs aus.
Selbst wenn nur ein Drittel da­von stimmen würde, hieß es da­mals, so wanke die Republik.
Zwar schlug das Erscheinen des Buches bald danach Udo Proksch in die Flucht, erzwang die Anklage gegen ihn, bewirkte die Einsetzung eines parlamen­tarischen Untersuchungsaus­schusses und führte zum Rück­tritt eines Teils der Regierung, tatsächlich bewältigt wurde „der Skandal der Skandale“ jedoch bis zum heutigen Tag nicht. Im Gegenteil: Der wahre Skan­dal begann überhaupt erst da­nach – und alles, was bis dahin bekannt war, entpuppte sich nur als harmlose Ouvertüre. Politische Willkür, der Miß­brauch der Macht und die par­teipolitische Gängelung der Ju­stiz haben nach der Aufdeckung des „Falles Lucona“ nicht nur kein Ende gefunden, sondern wurden vielmehr noch verstärkt. Das Netzwerk der Macht erweist sich als unverändert intakt. Und so ist es kein Wunder, daß in der Bevölkerung das Unbeha­gen über die herrschenden poli­tischen Zustände immer mehr zunimmt, die Politiker- und Par­teienverdrossenheit steigt und der Verlust des Vertrauens der Bürger in die Selbstreinigungs­kräfte der Demokratie bereits in einem besorgniserregenden Ausmaß zu schwinden beginnt.